«Den positiven HOCH-Spirit weiterleben»

Vor rund zehn Monaten wurde aus den vier ehemaligen Spitalverbunden ein Unternehmen: HOCH Health Ostschweiz. Stefan Kuhn, Verwaltungsratspräsident von HOCH, blickt im Interview auf die Anfangsphase zurück und spricht über die Entwicklungen, die den Verwaltungsrat beschäftigen.

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Interviews: Daniel Steimer, Martina Kaiser
Fotos: Reto Martin

Stefan Kuhn, zehn Monate nach dem Zusammenschluss: Wie schätzen Sie die Entwicklung seit dem Start von HOCH Health Ostschweiz ein?

Der gesamte Verwaltungsrat und ich persönlich sind überzeugt, dass sich HOCH auf dem richtigen Weg befindet. Ich erinnere mich gerne an die intensiven Vorbereitungen der Fusion, in welcher wir ab 2021 nebst der neuen Organisations- und Führungsstruktur zusammen eine neue Vision, eine neue Unternehmensstrategie und die Marke HOCH ausgearbeitet haben. Die Strategie gilt es nun umzusetzen und die neuen Strukturen mit Leben zu füllen. Der Realitätscheck neu konzipierter Abläufe, ob im klinischen Alltag oder auch bezüglich Verantwortlichkeiten, folgt im täglichen Betrieb. Oft kommen dann Details zum Vorschein, die geklärt werden müssen. Bei Bedarf gilt es, diese nachzubessern.

Sie sprechen von Verantwortlichkeiten. Der Verwaltungsrat hat im Juni dieses Jahres nach einer Interimsphase die Geschäftsleitung definitiv gewählt. Wie beschreiben Sie die Zusammenarbeit?

Mit Simon Wildermuth durfte der Verwaltungsrat einen Mediziner mit langjähriger und grosser Führungsund Managementerfahrung zum CEO wählen. Zudem setzt sich die gesamte Geschäftsleitung mit viel Engagement dafür ein, dass sich HOCH erfolgreich weiterentwickelt. Aufgrund des Zusammenschlusses arbeiten Verwaltungsrat und Geschäftsleitung noch intensiver zusammen, was das gegenseitige Vertrauen zusätzlich stärkt. Obwohl verschiedene Rollen innehabend, setzen sich der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung miteinander für eine erfolgreiche Zukunft von HOCH ein. Ich bin überzeugt, dass wir alle gemeinsam die anstehenden Herausforderungen meistern.

Und wo sehen Sie aktuell die grösste Herausforderung?

Da gibt es einige: Ambulantisierung, Digitalisierung, Innovation und medizinischer Fortschritt und vor allem auch das Rekrutieren und Entwickeln von kompetenten Fach- und Führungskräften sind Chancen, aber gleichzeitig auch anspruchsvolle Herausforderungen an HOCH. Um diese zu bewältigen, müssen wir deshalb eine langfristige finanzielle Stabilität anstreben. Nur so gelingt es uns, die Investitionen einer erfolgreichen Weiterentwicklung – baulich oder medizintechnisch – eigenständig zu tragen. Gleichzeitig sind allerdings auch kostendeckende Tarife nötig, um die Balance zwischen Medizin und Wirtschaftlichkeit zu halten.

Lässt sich daraus schliessen, dass dem Verwaltungsrat finanzielle Aspekte wichtig sind?

Unsere Kernaufgabe ist die Sicherstellung der erstklassigen medizinischen Versorgung in der Ostschweiz. Es gehört zu den wesentlichsten Aufgaben eines Verwaltungsrats, das Unternehmen strategisch richtig zu positionieren und damit auch die finanzielle Führung bzw. Stabilität sicherzustellen.

Was kann der Verwaltungsrat diesbezüglich unternehmen?

Hinsichtlich der Tarife legen wir auf politischer Ebene unsere Argumente dar und sind immer wieder mit entsprechenden Fakten vorstellig geworden. Wir sind bestrebt, Rahmenbedingungen auf der politischen Ebene anzuregen, damit HOCH im Wesentlichen der Kernaufgabe der erstklassigen medizinischen Versorgung nachgehen kann.

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Wie sieht dies konkret aus?

Seit der Anpassung des Gesetzes über die Spitalverbunde ergeben sich für uns neue Möglichkeiten. Der Zusammenschluss zu einem Unternehmen ist dabei ein sehr wesentlicher Teil. Andere Aktivitäten wie beispielsweise ambulante Angebote im ‹Neuseeland› in Rorschach oder weitere auf die Regionen ausgerichtete Leistungsportfolios sind Themen, die gezielt angegangen werden. Dies ermöglicht HOCH, sich insgesamt weiterzuentwickeln und auf den Bedarf der Bevölkerung auszurichten. Zudem wirken auch gesellschaftliche Trends auf unser Unternehmen. Nehmen wir die integrierte Versorgung als Beispiel. Da soll HOCH eine aktive Partnerin sein, indem wir Netzwerke auf- und ausbauen. Dabei prüfen wir auch die Zusammenarbeit mit anderen Partnern, um die Gesundheitsversorgung nachhaltig zu stärken. Wir sind dank der Kompetenzen der Mitarbeitenden und der sehr modernen Infrastruktur für diese Vorhaben bereit.

Hört sich nach einem stolzen Verwaltungsratspräsidenten an.

Das ist so. Wenn man sieht und hört, wie viel täglich von den Mitarbeitenden zum Wohle der Patientinnen und Patienten geleistet wird, kann man nur den Hut ziehen. Diesem grossen Engagement gebührt neben viel Respekt auch ein grosses Dankeschön an alle Mitarbeitenden.

Zum Abschluss: Was ist Ihr persönlicher Wunsch für die Zukunft von HOCH?

Ich wünsche mir, dass wir diesen positiven Spirit, den man die letzten Monate wahrgenommen hat, weiter beibehalten und die Veränderungen im Gesundheitswesen für uns als Chance sehen. Ich bin überzeugt, dass wir mit aktivem Zuhören, gegenseitiger Unterstützung und grossem Elan gemeinsam einer erfolgreichen Zukunft von HOCH entgegenblicken.

Zur Person

Stefan Kuhn, lic. oec. HSG, ist seit Juli 2021 Mitglied und seit April 2023 Präsident des Verwaltungsrats von HOCH Health Ostschweiz (ehemals Spitalverbunde des Kantons St.Gallen). Nach beruflichen Einstiegsjahren in einem Papierkonzern trat der Betriebswirtschafter 1995 ins Familienunternehmen K+D AG (Pharma- und Medizinalverpackungen) ein, führte dieses ab 1996 als CEO, später auch als VRP/CEO und Eigentümer bis 2019.

Er war nebenamtlich 16 Jahre als Bürgerrat der Ortsbürgergemeinde St.Gallen und in dieser Funktion auch 13 Jahre als VRMitglied der Geriatrischen Klinik St.Gallen tätig. Neben weiteren Mandaten war er 2016 bis 2025 auch Universitätsrat der Universität St.Gallen.

Stefan Kuhn ist verheiratet, Vater eines erwachsenen Sohnes und einer erwachsenen Tochter. In der Freizeit liest er sehr gerne, schwimmt viel und fährt so oft es geht Ski.

Nicole Ruhe, Spitaldirektorin Linth und Wil

Nicole Ruhe ist als Spitaldirektorin Linth und Wil an zwei Standorten unterwegs. Was sich für sie verändert hat und wie sie die Mitarbeitenden während des Zusammenschlusses begleitet hat, erzählt sie im Kurzinterview.

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Von der CEO des Spitals Linth zur Doppelrolle als Spitaldirektorin von Linth und Wil – was hat sich für Sie dadurch verändert?

Meine Arbeit hat sich kaum verändert, abgesehen davon, dass ich jetzt zwischen den Standorten pendle. Das ist für mich aber keine Belastung, sondern eine Bereicherung – ich mache meine Arbeit mit Leidenschaft, finde das Gesundheitswesen spannend, und die beiden Standorte sind mir ans Herz gewachsen. Ich versuche, jede Woche mehrmals an beiden Standorten zu sein.

Durch die Tätigkeit an zwei Standorten wissen Sie auch, wie sich diese unterscheiden, oder gilt nun: Alles muss harmonisiert sein?

Beim Zusammenschluss zu HOCH Health Ostschweiz geht es darum, Abläufe und Standards anzugleichen, damit wir überall die gleiche hohe Qualität bieten. Das ist wichtig. Gleichzeitig dürfen die Standorte ihren eigenen Charme behalten. Das Spital Linth ist klein, überschaubar und regional stark verankert, während Wil grösser ist, ein breiteres Angebot hat und schon lange eng mit dem Kantonsspital St.Gallen verbunden ist – das ist einer der Hauptunterschiede.

Wie haben Ihre Mitarbeitenden den Zusammenschluss erlebt? Wie haben Sie diese unterstützt?

Dieser wurde unterschiedlich wahrgenommen – das hängt immer auch von der persönlichen Situation ab. Einige haben Chancen für sich oder ihr Team gesehen, andere empfanden Unsicherheit oder auch Ängste. Mir war wichtig, für die Mitarbeitenden ansprechbar zu sein. Sie dürfen ihre Sorgen bei mir abladen, und auch wenn ich nicht alles auffangen kann, schafft allein ein offenes Ohr oft schon viel Sicherheit.

Und wie schalten Sie persönlich auch mal ab?

Zu Hause auf meiner Terrasse habe ich freien Blick auf den Tödi – das ist einfach wunderschön. In meiner Freizeit bin ich sowieso am liebsten in den Bergen, beim Skifahren oder Wandern. Zudem bin ich auch gerne mit dem Motorrad unterwegs.

Zur Person

Nicole Ruhe begann 2012 am Spital Linth als Ausbildungsverantwortliche, war Bereichsleiterin Pflege und wurde 2016 zur Leiterin Pflegedienst und Mitglied der Geschäftsleitung befördert. 2023 übernahm sie die CEO-Rolle des Spitals Linth, seit Anfang dieses Jahres ist sie Spitaldirektorin der Standorte Linth und Wil.

Sie absolvierte eine Ausbildung als Fachkrankenschwester, arbeitete mehrere Jahre am Universitätsklinikum Münster und erwarb den Bachelor in Pflegewissenschaft an der Fachhochschule Osnabrück. Später kamen diverse Weiterbildungen dazu.

Zeit sinnvoll nutzen

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Mit ihrem Engagement beim IDEM schenken Freiwillige einen Teil ihrer Zeit den Patientinnen und Patienten und tragen mit verschiedenen Aufgaben zu einem reibungsloseren oder angenehmeren Spitalaufenthalt bei. Einer von ihnen ist Bruno Hartmann. Seit über vier Jahren ist er am Kantonsspital St.Gallen im Einsatz.

Text: Barbara Anderegg
Fotos: Reto Martin

«Meine freie Zeit wollte ich sinnvoll nutzen », sagt Bruno Hartmann. Genau das tut der 55-Jährige: Er ist einer der insgesamt 205 freiwilligen Mitarbeitenden des IDEM – die Abkürzung von «Im Dienste eines Mitmenschen» – bei HOCH Health Ostschweiz. Im Rahmen des Besuchsdiensts schenkt er seit viereinhalb Jahren Patientinnen und Patienten am Kantonsspital St.Gallen einen Teil seiner Zeit. Jeden Montag besucht er Menschen bei der Dialyse. «Wir führen Gespräche – je nach Person und Gesundheitszustand über Alltägliches wie Ferien, Familien, Befindlichkeiten oder sehr Persönliches», schildert Bruno Hartmann. Er sei einfach offen für alles, was sein Gegenüber beschäftige, höre zu und gehe darauf ein, nehme sich die nötige Zeit.

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Loslassen können

Viele der Menschen kennt er inzwischen seit Jahren und sie vertrauen sich ihm auch mit schwierigen Themen an. «Man spricht über Leben und Tod», so Bruno Hartmann. «Ich versuche immer, die Gespräche auch wieder auf etwas Positives zu lenken», sagt der Neukirchner, der eine grosse Fröhlichkeit ausstrahlt. Natürlich gelinge das nicht immer, seine Gesprächspartner und -partnerinnen würden sich oft auch mit schweren Themen befassen, letztlich seien sie unheilbar krank. Und so musste er denn auch schon mehrfach Abschied nehmen von Menschen, zu denen er eine tiefere Beziehung aufgebaut hatte. «Das ist hart», gesteht er. Umso wichtiger sei es, nach dem Einsatz loslassen zu können: «Man darf das nicht mit nach Hause nehmen.»

Seit 45 Jahren gewachsen

Diese Fähigkeit sei nicht jedem gegeben, sie muss aber auch nicht bei jeder Tätigkeit im IDEM gleich ausgeprägt vorhanden sein. Die Aufgaben, die Freiwillige im IDEM in insgesamt 21 verschiedenen Tätigkeitsfeldern übernehmen, sind vielfältig und reichen vom Kaffeedienst über Transportdienst, Bücherdienst bis hin zum Besuchsdienst. Auch Therapiehunde sind im Rahmen des IDEM im Einsatz.

Angefangen hat das Ganze 1980 mit dem Transportdienst und dem Kinderhütedienst für Besuchende. Zehn Personen waren dem Aufruf der Geschäftsleitung im «Tagblatt» nach Freiwilligen für diese Aufgaben gefolgt und legten damit den Grundstein für den IDEM am Kantonsspital. Immer wieder wurden Freiwillige gesucht und auch gefunden. Der IDEM wuchs, und dementsprechend nahmen auch die Aufgabenfelder zu.

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Das Passende gefunden

205 Personen engagieren sich heute im IDEM HOCH, 145 davon am KSSG. Insgesamt leisten sie über alle Standorte jährlich über 15 000 Stunden Freiwilligenarbeit. Ein Grossteil von ihnen hat nach der Pensionierung mit dem Engagement im IDEM begonnen. Bruno Hartmann hingegen hat aus einem anderen Grund Zeit zur Verfügung: seine eigene Erkrankung – die er aber nicht ins Zentrum rücken möchte. Aufgrund eines schweren und chronischen körperlichen Leidens war es ihm nicht mehr möglich, in seinen Beruf zurückzukehren. Anstatt «nur dazusitzen », wollte er seine Zeit sinnvoll nutzen. Diverse soziale Engagements habe er sich angeschaut, aber erst als er auf den IDEM gestossen sei, hatte er das Gefühl, das Passende gefunden zu haben. Denn er war geprägt von seinen eigenen Erfahrungen als Patient und vor allem seinen Beobachtungen während des Spitalaufenthalts. «Damals wurde mir bewusst, wie viele Patientinnen und Patienten sich einsam fühlen», schildert er.

Eigene Erfahrungen helfen

Seine persönlichen Erfahrungen mit einer Erkrankung kommen ihm bei seiner Aufgabe auf der Dialysestation zugute. «Ich sehe das Leben heute anders, und ich weiss aus eigener Erfahrung, wie es sich anfühlt, an einer Krankheit zu leiden. Dadurch finde ich schnell einen Draht zu diesen Menschen», sagt er. «Mit mir können sie Gedanken teilen – oder sich einfach ablenken.» Die Pflege sei für solche Gespräche oft zu stark eingespannt, hier könne er sie unterstützen.

IDEM an allen Standorten

Der IDEM soll denn auch den regulären Spitalbetrieb ergänzen, ohne mit diesem in Konkurrenz zu treten. Bedarf besteht vielerorts, und dementsprechend gibt es in der Zwischenzeit den IDEM auch an den anderen Standorten von HOCH. Im Spital Grabs ist er bereits seit 2007 mit inzwischen 26 Mitarbeitenden fest etabliert, in Wil startete er neu im Oktober und darf bereits auf 30 Freiwillige zählen. In Uznach ist der IDEM noch sehr klein, soll aber 2026 ebenfalls ausgebaut werden. Die Anzahl der Dienste an den regionalen Standorten ist selbstredend nicht ganz so umfangreich wie am KSSG.

Neue Aufgaben

Je nach Bedarf können diese aber erweitert werden, so wie dies auch am KSSG über die Jahre erfolgt ist. So wurde auch mit dem Bezug des Hauses 07A ein neuer Dienst eingeführt, bei welchem Bruno Hartmann sich einen zweiten Tag in der Woche einteilen lässt. Der Informationsdienst hilft Patientinnen und Patienten sowie Besuchenden, den richtigen Weg zu finden, das Ticket für die Parkgarage zu bezahlen. «Dieser Dienst ist für mich eine hervorragende Ergänzung», sagt Bruno Hartmann. «Es ist wie Kino, man erlebt so viel», sagt er lachend. Klar müsse er manchmal auch Frust entgegennehmen, sehr oft aber seien die Leute einfach dankbar und müssten manchmal über sich selbst lachen, berichtet er.

Für ihn sei die Kombination seiner beiden Dienste ideal: montags die intensiven Gespräche mit langfristigen Beziehungen, freitags der leichtere Einsatz im Informationsdienst.

Mitarbeitende ohne Lohn

Mit ihren roten Kasaks oder Shirts sind die Freiwilligen als Mitarbeitende von HOCH erkennbar. Denn das sind sie: mit Einsatzvereinbarung, einer eigenen Leitung, Dienstplänen, Spesenentschädigung, Fortbildungen und Teamanlässen, aber: ohne Lohn. Ihr Engagement wird mit verschiedenen Anlässen verdankt. Und mit dem Gefühl, seine Zeit für etwas Gutes einzusetzen. Das bestätigt auch Bruno Hartmann. «Beides gibt mir das Gefühl, gebraucht zu werden – und es bringt mich unter Menschen.» Dass er die richtige Aufgabe gefunden hat, merkt er nicht zuletzt an der Reaktion der Dialysepatienten: «Wenn ich einmal fehle, fragen sie nach mir.»

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Leckerbissen Fokus